Rezi: Vergiss mein nicht


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Karin Slaughter
Vergiss mein nicht
Thriller
Rowohlt
TB, 505 Seiten
ISBN: 349923243X


Wer „Belladonna“ gelesen und für gut befunden hat, der wird sich auch diesen Folgeband nicht entgehen lassen wollen. Was schon im ersten Buch brutal und blutig durchaus mit einem Jeffery Deaver oder Thomas Harris zu vergleichen ist, lässt auch im zweiten Buch die Augen weit aufgerissen vor Spannung den Atem anhalten.

Kinder sind nicht immer unwissend

In diesem zweiten Buch geht es um Jugendliche, Teenager, eigentlich noch Kinder. Und als die 13jährige Jenny auf einem Parkplatz eine entsicherte Waffe auf einen Jungen richtet und offensichtlich willens ist, ihn zu erschießen, bleibt Chief Tolliver nichts weiter übrig, als ihr zuvor zu kommen und sie zu erschießen. Und als dann die Pathologin Sara Linton die Obduktion von Jenny vornimmt, traut sie ihren Augen kaum...

Auch dieses Buch führt uns wieder zum Abgrund der menschlichen Seele. Die Nachwirkungen und Konsequenzen der Verbrechen aus dem ersten Buch sind spürbar, werden versucht zu verarbeiten, hinzunehmen, damit klar zu kommen, mal besser und mal schlechter. Auch die zwischenmenschlichen Beziehungen der Protagonisten erleben weiterhin eine Berg- und Talfahrt, wirken so echt, so nachvollziehbar. Und dann eröffnen sich immer neue Aspekte auf der Suche nach dem Warum, zieht dieser kleine Akt auf dem Parkplatz Kreise bis ein Netz sichtbar wird und die Zeit droht davon zu laufen.

„Abrupt hielt sie inne, als könne sie nicht fassen, was sie sah. Das Spekulum klirrte auf den Tisch.“

Die Spannung beginnt gleich auf den ersten Seiten. Der Leser wird mit Gewalt und Blut konfrontiert, ohne genauere Hintergrundinformationen zu haben und genau wie die Polizeibeamten verdattert dazustehen, den Tod des Mädchens mit ansehen zu müssen, dieses quälende „Warum“ im Kopf. Und so beginnt er abwechselnd in der Rolle der Kinderärztin und Pathologin Dr. Linton oder den Polizeibeamten Lena oder Jeff Tolliver zu ermitteln, um hinter das Geheimnis zu kommen. Die einzelnen Charaktere sind so unterschiedlich und dabei lebensecht dargestellt; sich in der anderen Rolle zurecht zu finden, wird dadurch nachvollziehbar und durch Hilfestellungen leicht gemacht. Erfahrungen werden erzählt, Gedanken wiedergegeben... Vielleicht stört manchen Leser das „normale Alltagsleben“ der Protagonisten zwischen den Ermittlungen, doch gerade das gibt uns den Einblick in eine ganz normale Kleinstadt, das ganz normale Leben und dann die Ungeheuerlichkeit solcher Verbrechen. Die Darstellung wird lebensechter, die Vorstellungskraft angekurbelt, die Möglichkeit, dass solche Dinge tatsächlich geschehen, größer, das Unfassbare schlimmer...

Auch von Schwarz-Weiß-Malerei kann hier nicht gesprochen werden. Kein Charakter ist einzig gut und tut immer das Richtige oder schlecht und begeht nur Fehler. Pannen passieren, es werden Dinge übersehen, ganz wie im richtigen Leben. Trotz allem aber tappt auch der Leser im Dunkeln.

Warum der Titel des Buches mit „Vergiss mein nicht“ übersetzt wurde, kann nur vermutet werden, denn zu dem eigentlichen Thema konnte ich nicht ohne weiteres verbinden. Die ausgeblasene Kerze auf dem Cover dagegen hat schon Symbol-Charakter, sie zeugt von Heimlichkeit, dem Verborgenen...

Ein wirklich guter, grausiger Thriller. Der Name Karin Slaughter ist zu einem Geheimtipp geworden.

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