Rezension zu:
Dean Koontz - Stimmen der Angst
Thriller
TB, Heyne, 768 Seiten
ISBN: 3453210808
Die perfekte Manipulation, gibt es sie wirklich? Ein Anruf genügt und der Angerufene wird in Trance versetzt, aus der heraus er zu allem fähig ist und auf Anweisung dann alles vergisst? In diesem Buch von Dean Koontz scheint es zu funktionieren, anfangs.
Erinnerungslücken
Susan Jagger, eine erfolgreiche Maklerin, leidet seit 16 Monaten unter einer Agoraphobie. Sie fühlt sich nur noch zuhause sicher und hat fürchterliche Angst, nur aus dem Fenster zu sehen. Vor vielen Monaten schon hat sich ihr Mann von ihr getrennt, und hätte sie ihre Freundin Martie nicht, würde sie es noch nicht einmal schaffen, zu ihrer Therapie bei Dr. Ahriman gelangen. Als auch Martie plötzlich aus heiterem Himmel unter Angstzuständen leidet, Angst vor sich selbst, dass sie imstande sein könnte, ihrem Mann, anderen Menschen oder sich selbst etwas anzutun, dürfte dem Leser klar sein, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht.
Ein weiterer Protagonist ist Skeet, ein junger Junkie, der ständig versucht, seinem Leben ein Ende zu setzen und es auch beinahe schafft, würde nicht Marties Mann Dustin eingreifen und seinem jüngeren Bruder zu Hilfe kommen. Doch selbst Dustin findet unerklärliche Lücken in seiner Erinnerung...
Totale Manipulation
Der Autor schlingt hier einzelne Handlungsstränge anfangs locker, dann verwobener zusammen, und bald wird klar, dass in diesem Szenario fast alle Beteiligten unter der Kontrolle des narzisstischen und völlig psychopathischen Arztes stehen. Er lässt seinen Arzt ein Drogengemisch benutzen, das er seinen Opfern während dreier Sitzungen, ohne dass sie es bemerken, verabreicht, um ihr Gehirn für seine Programmierung vorzubereiten. Das Schlüsselwort, mit welchem er dann das jeweilige Gehirn in Erwartungshaltung versetzt ist jeweils eine Figur aus einem bestimmten Roman, nicht selten eine Randerscheinung. Sagt jemand diesen Namen, wartet das Gehirn auf den Freischaltungscode, der in Form eines persönlichen Haiku folgt, um dann sämtliche Befehle auszuführen, die ihm suggeriert werden.
Wie gut, dass der Arzt gewissen Sportsgeist an den Tag legt und wenigstens einen Joker zurück lässt, um dem Opfer zumindest die Möglichkeit einzuräumen, sich befreien zu können. So lässt er Martie sogar das Buch da, aus welchem er sämtliche Schlüsselwörter entnommen hat. Auf diese Weise ist es Dustin und Martie möglich, nicht nur sich selbst, sondern auch Skeet aus den Klauen des Arztes zu befreien. Und eine im wahrsten Sinne des Wortes mörderische Jagd und ein Wettlauf mit der Zeit beginnt...
Ein Meisterwerk des Psychothrillers
Koontz gelingt auch hier wieder ein Meisterwerk des Psychothrillers. Sehr anschaulich und leider auch oft sehr ins Detail gehend schildert er nicht nur Umgebungen, Gedanken, Gefühle und Ängste, sondern auch medizinische Erkenntnisse und Vorgehensweisen, was ein wenig von der Spannung nimmt, vor allem, bevor sich die Situationen zuspitzen. Die gestreut eingefügten Rückblenden in Dr. Ahrimans Kindheit und Jugend allerdings sind sehr gut platziert und geben dem Leser Stückchenweise einen gewissen Einblick in die Psyche des Arztes und schüren die Spannung wieder. So lässt sich eigentlich ein Spannungsbogen erkennen, der bis zur Mitte des Buches eher seicht dahin dümpelt und dann rasant Fahrt aufnimmt, so dass der Leser Schwierigkeiten haben dürfte, das Buch zur Seite zu legen. Schauplatz ist Amerika, der Kontinent, wo eigentlich alles möglich ist. Stationen wie Malibu, Santa Fe, die Insel Balboa vermitteln dem Leser ein Flair, das er aus zahlreichen Fernsehsendungen bereits kennt, so dass das Kopfkino durchaus von realen Bildern begleitet wird. Die Detektivarbeit, die die beiden Hauptprotagonisten nach ihrer Befreiung der psychischen Kontrolle leisten, ist nahe liegend und ganz gewiss nicht stümperhaft. So vermittelt das Buch das Gefühl, dass es durchaus möglich sein kann, dass solche Praktiken bereits Realität sein könnten... Gänsehaut pur!