Rezi: Tintenherz
Cornelia Funke Tintenherz Fantasy-Roman Cecilie Dressler Verlag HC, 566 Seiten ISBN: 3791504657 |
Was passiert eigentlich wirklich, wenn jemand vorliest? Werden dann nicht die Schatten länger, hört man nicht ein Wispern und Rascheln und meint man nicht gerade eben etwas vorbei huschen gesehen zu haben? Doch was würde geschehen, wenn plötzlich dein Gegenüber verschwunden wäre und stattdessen die Gestalt aus dem Buch im Zimmer stünde und sich verwundert umschaute?
Mo hat eine besondere Gabe: wenn er vorliest, hängen nicht nur alle an seinen Lippen, sie können, was er liest förmlich riechen, schmecken, sehen und hören, als wären sie inmitten des Buches. Doch diese Gabe kann auch zum Fluch werden und Mo beschließt, nie wieder vorzulesen. Und so wächst Meggie ohne Mutter und inmitten von vielen Büchern auf, aber ohne, dass sie Mo jemals hat vorlesen hören. Und dann, eines Tages, steht Staubfinger vor der Tür...
"Manche Bücher müssen gekostet werden,
manche verschlingt man,
und nur einige wenige kaut man
und verdaut sie ganz."
Dieses Buch ist eindeutig eines, das verschlungen wird, zumindest von Leseratten und Bücherliebhabern, solchen, die noch immer ein wenig Kind geblieben sind und vor einem schönen Märchen nicht Halt machen. „Tintenherz“ ist zwar ein Kinder- und Jugendbuch, aber genauso wie man „Die unendliche Geschichte“ immer und immer wieder lesen kann, bringt einen dieses Buch ebenso in Versuchung, es nicht zu weit weg zu stellen. Wer hat nicht davon geträumt, die Lieblingsgeschichte lebendig werden zu lassen und mitten drin zu sein? Cornelia Funke ist es geglückt, ein solches Buch zu schreiben. Eine Geschichte erwacht zum Leben und ganz normale Menschen wie du und ich, können sie verändern, verbessern, „wieder in Ordnung bringen“.
Es passieren kleinere und größere Pannen, die Charaktere sind sehr realistisch geschildert und es wird bestimmt keinem Leser schwer fallen, sich mit einem Protagonisten identifizieren zu können. Der Schreibstil ist einfach, aber nicht zu einfach gehalten, so dass eine große Altersspanne ihren Spaß daran haben dürfte. Was mir persönlich sehr gut gefallen hat, sind die einleitenden Zitate aus bekannten Fantasy-Büchern, die jedem Kapitel vorstehen und die Liebe zu Büchern im allgemeinen, die Wertstellung des gedruckten Wortes, die Cornelia Funke uns vermitteln möchte. Und ich denke, ich spreche jeder Leseratte aus der Seele, wenn ich sage, dass man auf vieles verzichten kann, nicht aber auf Bücher. Und darum kann ich auch Elinor so gut verstehen, die ihr ganzes Geld in Bücher steckt und diese ihre „Kinder“ nennt...
Und das Schönste, wenn das Buch ausgelesen ist dürfte sein, dass es eine Fortsetzung gibt...